Spannende Fachdiskussionen sind etwas Herrliches. Ich liebe das. Und offenbar geht es Roland Schmid als Personalleiter ähnlich. Sonst wäre aus einem kurzen Kommentar auf LinkedIn wohl kein so inspirierender Austausch geworden. Angefangen hat alles mit der Frage, ob Führung mit Algorithmen dabei helfen kann, eine größere Anzahl von Mitarbeitenden zu verantworten. Und dann haben wir gewettet, den jeweils anderen überzeugen zu können.
Beim ersten Gespräch waren wir uns sofort einig, dass wir nicht nur bekannte Positionen über KI und Führung austauschen wollten (bei Interesse dazu Erfolgreich führen in einer digitalisierten Welt). Uns ging es um handfeste Erfahrungen und Sichtweisen »aus der Praxis«. Da ich zugegebenermaßen bei dem Thema voreingenommen bin, wurde Roland Schmid zum offiziellen Schiedsrichter unserer Wette bestimmt.
Schon das erste Gespräch war extrem spannend für mich, weil ich in all meinen Berater-Jahren nie mit der Welt der Behörden, die Roland Schmid so gut kennt, zusammengearbeitet habe. Funktioniert die Führungsaufgabe in einer städtischen Behörde anders? Was heißt dort Erfolg? Und welchen Einfluss mögen die spezifischen Bedingungen haben?
Schnell war mir klar, in Roland Schmid zu solchen Fragen einen erfahrenen Gesprächspartner zu haben. Das war großartig. Er machte deutlich, Führung als sehr persönliches Thema zu erleben, das für ihn mit Begegnung, Vertrauen und gelingendem Miteinander zu tun hat. Dies an Algorithmen „delegieren“ zu können, erschien ihm kaum möglich.
Nun beschäftigen wir uns bei Lead2gether seit gut 10 Jahren genau mit dieser Herausforderung. Da werde ich doch wohl diese Wette gewinnen können. Dachte ich.
Führung als Aufgabe nachvollziehbar
Roland Schmid konnte mich schnell überzeugen, dass es bei der Führungsaufgabe stets um Menschen geht, und damit auch um eine Art »Grundvertrauen« im Miteinander. Ihm fiel es andersherum nicht schwer, Führung mit mir als Aufgabe zu verstehen, und nicht als ein spezielles Verhalten oder eine besondere Kompetenz.
Nun dachte ich, die Wette praktisch schon gewonnen zu haben.
Ich argumentierte, dass Algorithmen oder eine KI bei dieser Aufgabe eine solche Erleichterung sein könnten, dass man die Anzahl der Mitarbeitenden erhöhen darf – und zwar, ohne das von Roland Schmid betonte Grundvertrauen zu gefährden.
Da er skeptisch blieb, boten wir ihm an, auszuprobieren und selbst zu erleben, wie unser »Digitaler Führungsassistent« an diese Herausforderung herangeht. Und wir vereinbarten, beim nächsten Termin den Sieger unserer Wette zu küren. Spoiler: Es wurde lehrreicher für mich als erwartet.
Führung mit »Navigationssystem« ungewohnt
Um es kurz zu machen: Roland Schmid hat mich überzeugt, dass es sich für viele Menschen wohl noch lange ungewohnt anfühlt, mit einer Maschine über persönliche Einschätzungen rund um die eigene Führungssituation zu „sprechen“. Und das, obwohl er die Führungsprioritäten und Tipps, die unser digitaler Führungsassistent ihm nach der Situationsanalyse vorschlug, absolut nachvollziehen konnte.
Tatsächlich hatten wir vor einigen Jahren in großen Pilotprojekten selbst ähnliche Erfahrungen gemacht – und uns deshalb auch entschieden, von nun an den Nutzer*innen unseres »Führungsnavigators« einen menschlichen Sparringspartner zur Seite zu stellen. Ganz nach dem Motto »Das Beste aus beiden Welten«.
Während Algorithmen viel besser – und schneller − mit Komplexität zurechtkommen als wir alle, können Menschen wohl leichter Vertrauen aufbauen, Verbindlichkeit fördern und sensibel mit Feinheiten umgehen. Interessanterweise kann uns diese »Sensibilität« wiederum im Wege stehen, wenn wir objektiv sein wollen oder nüchterne Prioritäten setzen müssen.
Wir Menschen sind ein „bunter Haufen“
Gleichzeitig sind wir Menschen in all diesen Punkten wohl sehr unterschiedlich. So gibt es z.B. durchaus Hinweise, dass manche von uns sehr intime Themen sogar eher mit einer Maschine besprechen als mit einem lebendigen Gegenüber. Das ist nicht so peinlich, lässt uns selbst unverkrampfter sein und sorgt für weniger Tabus. Auch Tipps von einem Computer erscheinen vielen von uns objektiver und damit zweckmäßiger.
Andere wiederum erleben alles Technische im zwischenmenschlichen Bereich als prinzipielle Bedrohung oder zumindest unangemessene Herangehensweise an soziale Themen. So lässt sich vermuten, dass sich – wie so oft – auch an dieser Stelle keine Ideal-Lösung herauskristallisieren wird, mit der dann die ganze Menschheit arbeitet.
Ach ja: Roland Schmid und ich haben uns zum Schluss lachend auf ein Unentschieden geeinigt. Und ich werde an unseren Austausch immer sehr gerne zurückdenken. Von Herzen Danke dafür!
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Wer vor wenigen Jahren von Führung in digitalen Zeiten sprach, wollte vor allem sein Unternehmen mit modernster Technik wettbewerbsfähig halten. Inzwischen haben digitale Formen der Zusammenarbeit unseren Arbeits- und Führungsalltag stark verändert. Wir lassen uns von Algorithmen organisieren, sprechen von Remote Leadership und beobachten neugierig, wie sich die »hrtech«-Szene entwickelt. Und viele fragen sich: Erfolgreich führen in einer digitalisierten Welt – Was bedeutet das eigentlich praktisch?
Eine Flut digitaler Produkte[i] verspricht, unsere Zusammenarbeit zu fördern und die Personalarbeit zu revolutionieren. Die Anbieter-Szene tritt selbstbewusst unter dem Hashtag »HRtech« auf. Sie ist in den letzten Jahren immer vielfältiger geworden[ii] und jongliert gerne mit beeindruckenden Schlagworten.[iii] Begriffe wie Künstliche Intelligenz, Big Data oder Deep Learning können verunsichern, denn sie vermitteln den Eindruck, der gesunde Menschenverstand reiche in Zukunft nicht mehr aus.
Mit etwas Abstand stellt man fest: Digitale Führungstools verursachen noch keine Revolution. Die Kernaufgaben der Führung verändern sich auch unter den neuen Bedingungen nicht. Was man früher am Besprechungstisch und im direkten Kontakt machte, findet einfach jetzt häufiger am Bildschirm oder über die App statt.[iv]
Digitale Zusammenarbeit: Mit neuen Werkzeugen managen
Somit geht es in erster Linie darum, von den Vorteilen solcher Werkzeuge zu profitieren – und auf deren Nebenwirkungen angemessen zu reagieren. Das scheint allerdings ein wichtiger Aspekt zu sein, denn die Erfahrungen der Pandemiezeit zeigen, dass hybrides Arbeiten z.B. den Zusammenhalt, die Loyalität und das gegenseitige Vertrauen im Team gefährdet.[xvii] Auch die Distanz der Führungskräfte zu ihren Mitarbeitern wächst unter den aktuellen Bedingungen, wie eine Microsoft-Studie belegt.[xviii]
Tipps:
Arbeiten Sie sich ernsthaft in die digitalen Werkzeuge ein, die Ihr Unternehmen zur Verfügung stellt. Nichts davon ist Hexenwerk.
Lassen Sie sich von der Vielfalt der Angebote und Lösungen nicht verunsichern. Kaum etwas davon revolutioniert die Führungsarbeit in ihrem Kern.
Entwickeln Sie Neugier für die Szene, und probieren Sie vielversprechende Lösungen spielerisch aus.[v]
Werden Sie sensibel für die Neben- und Spätfolgen digitaler Führungswerkzeuge, und stellen Sie Ihr Verhalten darauf ein.
Digital Leadership: Hype oder »Götterdämmerung«
Spannend wird die Diskussion im Grunde erst, wenn die Technik beginnt, Führungskräfte aktiv zu unterstützen. Der Führungsforscher Niels Van Quaquebeke[vi] nennt dies das »NEW« des Digital Leadership. Hier sollen Algorithmen – wie sie es an vielen Stellen tun – nun auch Führungskräfte von regelmäßigen und strukturierten Aufgaben befreien. Das (Verkaufs-)Argument: So können diese sich auf kreative bzw. unternehmerische Aufgaben konzentrieren und haben mehr Zeit für motivierende persönliche Begegnungen.
Erfolgreich führen in einer digitalisierten Welt bedeutet aus dieser Perspektive, es so lange wie möglich zu vermeiden, durch eine KI ersetzt zu werden. Auch wenn die Experten sich einig sind, dass die Führungsrolle noch nicht zu den durch Künstliche Intelligenz gefährdeten Berufen zählt: völlig geklärt ist das nicht.
Während die einen Künstliche Intelligenz zum »HRtech-Mythos« verklären, macht sich an anderer Stelle Ernüchterung breit.[vii] Fachleute wissen, wie oft Big Data mit unseriösen Daten, trivialer Statistik und wenig aussagefähigen Algorithmen arbeitet.[viii] Prof. Kristian Kersting (Träger des „Deutschen KI-Preises 2019) geht sogar so weit, die Bedeutung von Deep Learning-Ansätzen für die Psychologie, die Wirtschaft und andere Sozialwissenschaften grundsätzlich zu hinterfragen.[ix] Die Behauptung, Maschinen könnten auf diesem Spielfeld den Menschen ersetzen oder übertreffen, bezeichnet er als reinen Etikettenschwindel.[x]
Nüchtern muss man heute registrieren: Obwohl die HR-Community die Chancen und Risiken Künstlicher Intelligenz lebhaft diskutiert, kommt entsprechende Software noch selten zum Einsatz.[xi] Dabei spielen nicht nur sachliche Gründe eine Rolle, sondern auch der fehlende Mut für ungewohnte Experimente – und den damit verbundenen Zusatzaufwand.
Es gibt allerdings Ausnahmebereiche…
Digitale Steuerung: Algorithmen managen lassen
Algorithmen machen sich bereits in der Fertigung, Zusammenarbeit und Logistik nützlich. Sie bereiten Entscheidungen oder Arbeitsprozesse vor, bewerten das Mitarbeiterverhalten und die Stimmung im Team[xii] und übernehmen in manchen Unternehmen bereits die Kündigung.[xiii] Die damit verbundenen ethischen Fragen werden engagiert diskutiert.[xiv]
Dieses »Algorithmische Management«[xv] führt unausweichlich zu mehr Überwachung am Arbeitsplatz und zur Entfremdung zwischen der Organisation und den Mitarbeitern. Die Entmenschlichung der Arbeit wird weiter vorangetrieben: Mitarbeiter bewegen sich nur noch mit Wearables (tragbare Sensoren), ihre Bewegungsdaten und Bildschirmaktivitäten werden aufgezeichnet, analysiert und in einfach lesbare Kennzahlen umgewandelt.[xvi]
Das Tragische: Die Betroffenen erleben sich nicht mehr als verantwortungsvolle Mitglieder attraktiver Leistungsgemeinschaften, sondern als Komponenten eines digital gesteuerten Arbeitsprozesses. Dass gleichzeitig weltweit die Nachfrage nach Software steigt, mit der sich Mitarbeiter – nicht nur im Homeoffice – überwachen lassen, sollte uns Gedanken machen.〈xvi-2〉
Und was ist dabei aus dem „Verkaufsversprechen“ geworden? Nutzen Führungskräfte die gewonnene Zeit für echte Begegnungen und individuelle Führungsarbeit?
So sieht die Realität derzeit nicht aus. Vielmehr versuchen findige Entwickler, nun auch den zwischenmenschlichen Bereich der Führung zu besetzen: Algorithmen können heute bereits die Emotionen der Belegschaft bewerten und Korrekturmaßnahmen einleiten, wenn diese die Ergebnisse gefährden könnten („Bitte registrieren Sie sich für unser Achtsamkeitsprogramm und nutzen Sie die Burnout-Prophylaxe-App.“).
Wollen wir uns Führung in einer digitalisierten Welt so vorstellen?
Merkwürdig wäre das schon, da wir bei menschlichen Führungskräften ganz andere Maßstäbe anlegen: Von denen erwarten wir Wertebewusstsein, die Fähigkeit, ein begeisterndes Wir-Gefühl zu fördern, attraktive Perspektiven anzubieten − und immer häufiger sogar »Sinnmöglichkeiten« zu schaffen.
Besteht damit der logisch nächste Schritt darin, bei der Programmierung der »ultimativen Führungs-KI« all diese noch vernachlässigten Themen mit zu berücksichtigen?
Digitale Chefs: Wann werden wir von einer KI geführt?
Um eine solche Vision zu verwirklichen – wie wünschenswert oder bedrohlich sie sein möge –, müssten wir gigantische Hürden nehmen. Zunächst einmal würde eine echte »Führungs-KI« von uns eine harte Definition von Führungserfolg erwarten. Denn nur so könnte sie sich selbst weiter optimieren.
Wir müssten also beantworten, was wir exakt meinen, wenn wir von »erfolgreicher Führung« sprechen. Eine Frage, um die seit Beginn der Führungsforschung gerungen wird. Stand heute: uneindeutig!
Im Anschluss bräuchten wir Unmengen von führungsrelevanten Daten, um unsere KI zu trainieren. Daten, die wir weder haben noch bekommen werden. Und selbst wenn solche Daten vorhanden wären, müssten Menschen diese erst mühevoll brauchbar machen. Zum Vergleich: Bei einem seriösen Spracherkennungssystem verschlingt allein eine solche Qualifizierung der Daten 95 Millionen Euro, bevor eine einzige Zeile KI programmiert werden kann.[xix] Wirklich selbständig läuft da gar nichts.[xx]
Kurz: Es ist sehr unwahrscheinlich, dass wir in absehbarer Zeit von einer KI geführt werden!
Vielversprechender ist der Ansatz, Computern beizubringen, wie sie Führungskräfte in ihrer Aufgabe erfolgreicher machen können. Nachweislich schneiden Mensch-Maschine-Teams bei komplexen, dynamischen Aufgaben erfolgreicher ab als Menschen oder Maschinen unter sich.[xxi] Dieser Weg wird unter dem Stichwort »Digital Leadership Assistant« beschritten.
Digitale Führungsassistenten: Mit „Navigationssystem“ managen
Solche Systeme arbeiten nicht daran, Führungskräfte in bestimmten Führungsaufgaben zu ersetzen. Stattdessen erleichtern sie ihnen deren Bewältigung.[xxii] Dabei berücksichtigen sie Studien, die die Reaktion von Menschen auf eine KI als Führungskraft erforscht haben[xxiii] und nutzen die unbestrittenen Vorteile cleverer Algorithmen:
Diese können besser als wir mit komplexen Situationen – wie Führungssituationen sie darstellen – umgehen (z.B. Analysen vornehmen, Erfolgsfaktoren identifizieren und Prioritäten setzen).
Seit die besten GO- und Schach-Spieler der Welt von Computern besiegt werden, wissen wir: Algorithmen können nüchterner Vorgehensweisen empfehlen, die mit der größten Wahrscheinlichkeit zum Erfolg führen.
Und bereits lange ist bekannt, wie wertvoll sie dabei sind, unsere Arbeit pragmatisch und effizienter zu organisieren.
Im Führungskontext können Algorithmen heute schon auswerten, wie herausfordernd die aktuelle Situation für die jeweilige Führungskraft ist, auf welche Führungsthemen sie sich konzentrieren muss und welchen zeitlichen Aufwand sie dafür einplanen sollte.
Gleichzeitig ist ein »Digital Leadership Assistant« in der Lage, praktische Tipps zu geben, wie die aktuelle Führungssituation bestmöglich zu bewältigen ist. Durch regelmäßige Aktualisierungen der Situationsanalyse lassen sich die eigenen Führungserfolge sogar mitverfolgen und messbar machen.[xxiv] Und während Sie dies hier lesen, sind die Algorithmen – durch Feedbackprozesse und kuratiertes Lernen – schon wieder schlauer geworden.
Halten wir also abschließend fest: KI-Systeme werden die Führung von morgen massiv beeinflussen. Ob sie dabei eine humane, nachhaltige und innovative Führungskultur fördern, hängt davon ab, wie wir sie konzipieren.
Wohin mit Ihrem Ehrgeiz, während Corona die Welt in Atem hält? Im Mai stellten wir auf karriere.de fest: „Keine guten Zeiten für berufliche Ambitionen!“ Aber wir zeigten in unserem Artikel auch, wie man berufliche Pläne nicht kampflos einem Virus opfert. Wenn Gemeinschaften in eine Krise geraten, können Einzelne einen wesentlichen Unterschied machen und sich – falls sie Lust auf Karriere haben − damit für eine Führungsposition profilieren. Dabei spielt nicht KI, sondern menschliche Intelligenz die entscheidende Rolle. Ganz anders sieht die Sache aus, wenn Sie schon eine Führungsaufgabe haben…
Der Alltag der meisten Führungskräfte ist komplex, fordernd und belastend. Vor Corona sorgten etablierte »Spielregeln der Karriere« für eine gewisse Berechenbarkeit. Gut aufgestellt waren bislang diejenigen, die sich an folgende fünf Regeln hielten:
Sei loyal!
Sei fleißig!
Löse für Deine Vorgesetzten deutlich mehr Probleme als Du Ihnen bereitest!
Kümmere Dich besonders um Probleme, deren Lösung Dir in der Organisation Sichtbarkeit verschafft!
Schaffe Dir ein nützliches Netzwerk!
In größeren Organisationen war es lohnend, sich für einen „Goldfisch-Teich“ bzw. Potenzialkreis zu empfehlen und von professionellen Entwicklungsprogrammen zu profitieren. Die eigene Führungsqualität war nur dann ein ernsthafteres Thema, wenn der persönliche Stil für Unruhe im Team sorgte, also gegen Regel Nr. 3 verstieß.
Wie gesagt: Das war vor Corona! Und jetzt?
Corona: Vergeht Ihnen die Lust auf Karriere?
Wir arbeiten von Zuhause, konzentrieren uns auf die Kernprozesse, unsere Begegnungen sind eingeschränkt, das Kostenbewusstsein gestiegen… Selbst größter Einsatz ist derzeit in unserer Gesellschaft eher Applaus auf den Straßen wert als finanzielle oder hierarchische Entwicklung. Die Anzahl der Google-Suchen nach dem Thema Karriere halbierten sich in den ersten Monaten des Jahres.
So wertvoll solche Ansätze auch sein mögen, − unter Karriereperspektive bleiben sie glanzlos. Schließlich bekommt man keine Pluspunkte für das Umsetzen von Verhaltenstipps. Solche Punkte gibt es nach wie vor in erster Linie für Erfolg!
Booster für Ihre Karriere: Pragmatisches Führungsverständnis
Corona entlarvt die modernen Führungstrends: Wer gerade noch – ganz im Sinne von New Work − das eigene Verhalten an den Vorbildern des „Agilen Coachs“ und des „Moderators auf Augenhöhe“ orientierte, stolpert jetzt durch eine Welt entschlossen handelnder Krisenmanager.
Ein guter Zeitpunkt, um es endlich zu akzeptieren: Führung ist kein bestimmtes Verhalten, sondern eine Aufgabe – und das seit Urzeiten des menschlichen Miteinanders. Was dabei „richtig“ ist, bestimmen keine Berater oder Führungstrends. Das wird durch die jeweilige Situation definiert.
Aus Karriere-Perspektive kommt es für Manager deshalb stärker denn je darauf an, das Wesentliche zu identifizieren: Worum muss ich mich genau in meiner persönlichen Lage unbedingt kümmern – und worum nicht? Eine Aufgabe, die mit steigender Komplexität und zunehmenden Verantwortlichkeiten immer schwieriger wird. Zumindest, wenn man alles „im Kopf“ oder „auf dem Papier“ machen will. Aber das muss man ja nicht!
Werfen wir einen kurzen Blick in einen der professionellsten Bereiche der Welt: den Leistungssport. Sich von Algorithmen unterstützen zu lassen, gehört hier nahezu zum Standard. Niemand käme auf die Idee, das als Schwäche oder Zeichen eines Defizits zu deuten. Ganz im Gegenteil: Es ist – ebenso wie eigene Physio-Teams und persönliche Coachs − Zeichen höchster Professionalität.
Dagegen sind es in der Wirtschaftswelt bislang nur einige absolute Top-Manager, die ihre Führungsaufgabe im Stil von Profi-Sportlern angehen. Das bedeutet hier zumeist: Disziplin im Umgang mit den eigenen Leistungsressourcen, wertvolle Mentoren und Coachs, optimale Arbeitsmittel und Offenheit für neue Werkzeuge.
Booster für Ihre Karriere: Digital Leadership Intelligence
Algorithmen können uns nachweislich dabei unterstützen, die Komplexität des Führungsalltags zu durchdringen und dadurch unseren Fokus auf das gerade Wichtige richten. Sie lassen sich bei ihrer Aufgabe weder von Emotionen noch von Impulsivität ablenken, können treffsichere Verhaltenstipps geben und selbst systematisch optimiert werden. Und das Schöne ist: Lust auf eine eigene Karriere entwickeln sie nie.
Wenn es also für Manager tatsächlich darauf ankommt, (a) das Wesentliche zu identifizieren und (b) unabhängig von eigenen Gewohnheiten, Vorlieben und Führungstheorien „das Richtige“ zu tun, dann wird an der Nutzung solcher digitalen Werkzeuge kein Weg vorbeigehen.
„Ist Ihr Gegenüber eine KI oder eine Führungskraft aus Fleisch und Blut?“, so könnte die Frage eines abgewandelten Turing-Tests lauten. Ob wir nach bestandenem Test die Verantwortung für unsere Organisationen und unsere Zukunft an eine Künstliche Intelligenz abgeben würden, erscheint uns fraglich. Fairerweise müssen wir aber sagen: Die Spezialisten der KI-Szene sind hier hochgradig uneins.
Von Führungskräften wird heute erwartet, dass sie ihre Organisation entscheidend verändern, um deren Zukunftsfähigkeit sicherzustellen. Da niemand genau weiß, wie dafür eine Musterlösung aussieht, wird vieles ausprobiert: wir Design Thinken, sind disruptiv, agil, kooperieren mit Start-ups und managen „im Hipster-Modus“.
Einerseits können wir unser Leben effizienter gestalten, wenn wir technische Hilfsmittel nutzen. Andererseits wird befürchtet, dass einige unserer menschlichen Qualitäten leiden, wenn wir unser Leben zunehmend Algorithmen unterwerfen. Aufgehalten haben solche Sorgen den menschlichen Entwicklungsdrang bisher allerdings nie.
Wir leben schon heute mit „Künstlichen Führern“
Werden wir einer Programmierung erlauben, uns zu führen? Ist es gar vorstellbar, dass eine Künstliche Intelligenz unbemerkt die Leitung übernimmt? Aus einer sehr pragmatischen Sicht müssen wir beide Fragen bejahen.
Lassen wir uns nicht schon jetzt von Navigationsgeräten und unsichtbar arbeitenden Algorithmen lenken. Im ersten Fall haben wir das Gerät wenigstens dazu legitimiert, im zweiten Fall – z.B. bei Einkaufsentscheidungen – leben wir verblüffend bereitwillig mit Manipulationen.
Es lässt sich nicht ignorieren, dass wir Menschen bisher immer alle zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten genutzt haben, um unsere Ziele zu verfolgen und anstehende Aufgaben zu erledigen.
Führung mit Künstlicher Intelligenz
Für unsere Akzeptanz reicht es offenbar, wenn eine Technik für uns ein handfestes Problem löst. Macht sie unser Leben dabei auch noch bequemer, gibt es kaum ein Halten.
Die spannende Frage lautet also für uns: Könnten Algorithmen die uralte Hauptaufgabe der Führung erfüllen, „dafür zu sorgen, dass es gemeinsam funktioniert“? Ja, das könnten sie. Zumindest bis zu einem bestimmten Punkt.
Skeptisch dürfen wir bleiben, ob ein solches System uns attraktive Zukunftsangebote machen kann. Auf die Frage „Wo komme ich hin, wenn ich dir folge?“ wird eine KI wohl in absehbarer Zeit keine Antwort mit breiter Sogwirkung liefern.
Unsere Zukunft hängt von wirksamer Führung ab
Nun sind wir Menschen allerdings selbst auch nicht sonderlich gut darin, Zukunft zu gestalten. Wir lieben es bequem und ungestört, machen gern einfach „unser Ding“. Erst bei akutem Leidensdruck stellen wir Gewohnheiten infrage. Klimakatastrophe? Ist doch schön, wenn es etwas wärmer wird. Pandemie? Also hier bei uns ist keiner krank. Weltweite Vermüllung? Hauptsache, mein Stadtteil ist sauber. Kulturwandel? Es war doch nicht alles schlecht.
Die reine Vernunft vermag offenbar keine wesentliche Richtungsänderung einzuleiten. Was wäre, wenn das einer KI gelänge? Würden wir ihr folgen?
Oder provokanter: Könnten wir es uns erlauben, dies nicht zu tun?