Management-Profiling: Vom FBI lernen
Träumen Sie auch davon, für jeden Beruf ein besonderes Anforderungsprofil zur Hand zu haben, mit dem potenzielle Kandidat*innen verglichen werden können. Bei Aufgaben, die eine geringe Komplexität mitbringen, funktioniert das sogar. Früher wurden beispielsweise Schreibkräfte nach ihrer Tippgeschwindigkeit ausgewählt. Sobald es um komplexe Aufgaben geht, führt dieser Ansatz allerdings ins Leere. Wir zeigen Ihnen, was wir an dieser Stelle von Kriminalprofilern lernen können – und was Management-Profiling leisten kann.
Bei komplexen Herausforderungen – zu denen auch die Führungsaufgabe zählt − variieren die Anforderungen nicht nur je nach Kontext und Beteiligten, sie verändern sich auch ständig. Fragt man erfolgreiche Menschen, was bei solchen Aufgaben am besten zu tun wäre, antworten sie: „Nun ja, das hängt davon ab…“. Hier funktionieren klassische Kompetenzprofile und Musterlösungen nicht mehr. Deshalb gibt es so wenig gute Checklisten für eine gelungene Ehe oder ein friedvolles Miteinander auf der Welt.
Stattdessen müssen wir uns bei solchen Aufgaben mit der einzelnen Person beschäftigen: Wie »tickt« sie? Welche Verhaltensmuster hat sie sich angewöhnt? Was wird sie wahrscheinlich in welcher Situation tun? Was bedeutet das?
Das alles sind Fragen, mit denen sich Kriminalprofiler seit über 50 Jahren beschäftigen. Deshalb lohnt es sich, ihnen dabei über die Schulter zu schauen.
Die Entmystifizierung der Profiler
Es ist der von den Profilern betrachtete Zusammenhang zwischen der Innenwelt eines Menschen und seinem Verhalten, der auch für die Managementdiagnostik wertvoll ist. Das FBI ging 1972 bei der Gründung der »Behavioral Science Unit« von der Annahme aus, dass sich die Persönlichkeit eines Täters in seinen Entscheidungen und Handlungen widerspiegelt. Man begann, empirische Daten von bereits überführten Serientätern zu sammeln, um psychologische Modelle, Tätertypologien und Methoden zur Täterprofilerstellung zu entwickeln.
Ab Mitte der 80er Jahre baute man dafür eine Datenbank auf, die in den 90ern in Kanada weiterentwickelt wurde. Seit 2003 wird auch in Deutschland mit diesem Ansatz gearbeitet[1]. Hierzulande hat sich aus dieser Linie die »Operative Fallanalyse« entwickelt, die Kriminalfälle im Team Schritt für Schritt aufarbeitet, um das Täterverhalten zu rekonstruieren und die Ermittler zu unterstützen. Den Begriff des Profilers mag man hier nicht.
Mit dem Mythos des leicht verrückten und von Geheimnistuerei umwitterten Profilers, der dem Täter in seine Schreckenswelt folgt, hat das alles gar nichts zu tun. Hier sind echte Profis am Werk. So berichtet das Bundeskriminalamt, dass man mittlerweile bei Täterprofilen eine Trefferquote zwischen 81,0 und 88,1 Prozent erreicht.
Eignen sich Profiler-Methoden für die Auswahl von Managern?
Absolut und mit wissenschaftlichen Methoden belegt. Dazu muss man Führung in einem ersten Schritt – wie wir es oben bereits begründet haben − als Aufgabe bzw. als »Tat« betrachten, nicht als spezielle Kompetenz.
Kriminal-Profiler definieren Kriterien und Muster einer Gruppe von Menschen, von denen man eine bestimmte Tat erwarten darf. Man kann also sagen: Sie machen eine Potenzialaussage!
Gleichzeitig arbeiten sie systematisch daran, die Qualität ihrer Wahrscheinlichkeitsaussagen stetig weiter zu erhöhen. Insofern ist dieser Ansatz nicht nur faszinierender als das in der Managementdiagnostik übliche Vorgehen, Einzelkriterien zu „messen“. Er ist auch fachlich tragfähiger.
Anfang des Jahrtausends hat Dipl.-Psych. Michael Alznauer (in enger Zusammenarbeit mit Wirtschaftsunternehmen) den Ansatz der Kriminalprofiler in die Managementwelt übertragen. Übernommen hat er dabei die Methodik der speziellen Datenbanken, der computergestützten Wahrscheinlichkeitsaussagen und die Gesamt-Profil-Erstellung durch Profis. Management-Profiler sind Psychologen und Führungsspezialisten zugleich.
Stolz war das Team, als ihnen der damalige Leiter der Operativen Fallanalyse des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen 2007 bestätigte, den Stand der Arbeit und Methodik der Profis sehr gut zu treffen. Seit 2023 ist das Management-Profiling ein fester Leistungsbaustein der LEAD2gether GmbH.
Eignen sich Profiler-Methoden für die Auswahl von Managern?
Absolut und mit wissenschaftlichen Methoden belegt. Dazu muss man Führung in einem ersten Schritt – wie wir es oben bereits begründet haben − als Aufgabe bzw. als »Tat« betrachten, nicht als spezielle Kompetenz.
Kriminal-Profiler definieren Kriterien und Muster einer Gruppe von Menschen, von denen man eine bestimmte Tat erwarten darf. Man kann also sagen: Sie machen eine Potenzialaussage!
Gleichzeitig arbeiten sie systematisch daran, die Qualität ihrer Wahrscheinlichkeitsaussagen stetig weiter zu erhöhen. Insofern ist dieser Ansatz nicht nur faszinierender als das in der Managementdiagnostik übliche Vorgehen, Einzelkriterien zu „messen“. Er ist auch fachlich tragfähiger.
Anfang des Jahrtausends hat Dipl.-Psych. Michael Alznauer (in enger Zusammenarbeit mit Wirtschaftsunternehmen) den Ansatz der Kriminalprofiler in die Managementwelt übertragen. Übernommen hat er dabei die Methodik der speziellen Datenbanken, der computergestützten Wahrscheinlichkeitsaussagen und die Gesamt-Profil-Erstellung durch Profis. Management-Profiler sind Psychologen und Führungsspezialisten zugleich.
Stolz war das Team, als ihnen der damalige Leiter der Operativen Fallanalyse des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen 2007 bestätigte, den Stand der Arbeit und Methodik der Profis sehr gut zu treffen. Seit 2023 ist das Management-Profiling ein fester Leistungsbaustein der LEAD2gether GmbH.
Management-Profiling: Wozu Datenbanken?
Jahrzehnte der Forschung konnten bislang nur wenige Einzelkriterien identifizieren, die mit Erfolg in der Führungsaufgabe korrelieren. Auf der Basis solcher Kompetenzen (z.B. Intelligenz) Vorhersagen zum späteren Führungserfolg zu machen, funktioniert z.T. und ist gleichzeitig brisant. Schließlich wissen wir nicht, was jemand mit seinem Intellekt – oder irgendeiner anderen Kompetenz – anfängt. Vielleicht nutzt eine Person ihre Stärken einfach nur, um sich auf Kosten seines Unternehmens zu bereichern.
Das heißt, wir müssen einen Menschen gut kennen, um sein Verhalten mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit vorherzusagen.
Stellen Sie sich dieses „gut kennen“ als individuelles Muster von persönlichen Attributen vor. So hat Intelligenz zusammen mit Verantwortungsbewusstsein, Selbstreflexion und Fürsorge zweifellos eine andere Bedeutung als z.B. in Verbindung mit krimineller Energie. Um diese Muster statistisch und psychologisch professionell erarbeiten zu können, sind die Datenbanken unabdingbar.
In den letzten 20 Jahren wurden von Alznauer und seinem Team führungsspezifische Datenbanken mit einer sehr großen Vielzahl von Einzelkriterien aufgebaut, die die Identifikation und Interpretation solcher Muster erleichtern. Auf dieser Grundlage arbeiten wir heute – und bauen die Datenbasis ständig weiter aus (derzeit rund 500.000 Einzeldaten).
Dabei haben wir im Vergleich mit den Kriminal-Profilern sogar ein paar Vorteile: Zunächst gibt es erfreulicherweise sehr viel mehr erfolgreiche Führungskräfte als Serientäter. Wir haben also eine größere Datenbasis. Und dann verfügen wir mit dem Evolutionspsychologischen Führungsansatz über eine praktische, ausgearbeitete Theorie, diese Daten sinnvoll zu interpretieren.
Wie wird das Management-Profil einer Führungskraft erarbeitet?
In einem ersten Schritt werden mit verschieden Methoden Informationen zu einer Person gesammelt. Spezialisten sprechen hier auch von multimodaler Diagnostik. Diese Informationen werden von einem unabhängigen Team strukturiert und mithilfe der Profiling-Datenbanken auf Plausibilität geprüft. Dabei wird die Tatsache genutzt, dass Eigenschaften statistisch nicht in jeder Kombination gleich wahrscheinlich auftreten.
Wir erschaffen auf diese Weise so etwas wie einen sehr komplexen »psychologischen Avatar«, den wir anschließend gedanklich mit unterschiedlichen Herausforderungen der Führungsaufgabe konfrontieren. So werden Aussagen zum wahrscheinlichen Verhalten einer Person möglich.
Dabei lässt sich ein psychologisch schlüssiges Gesamtprofil nicht „per Knopfdruck“ von einer Software erstellen. In unserer Branche verlangt dieser abschließende Schritt ausgebildete Psychologen und erfahrene Führungsspezialisten.
Wie sieht so ein Management-Profiling Bericht aus?
Zunächst beschreiben wir die Gewohnheiten und Strategien, die jemand im Laufe des Lebens entwickelt hat, um seine Erfolge herzustellen. So können wir auch ableiten, bei welchen Aufgaben und Rahmenbedingungen die Persönlichkeit ihre besten Leistungen erbringt.
Auf dieser Grundlage lassen sich dann Wahrscheinlichkeitsaussagen machen, wie jemand mit den Kernaufgaben der Führung umgehen wird. Die Hierarchieebene spielt dabei keine Rolle. Ob die Besetzung einer Geschäftsführungsposition ansteht oder jemandem seine erste Führungsaufgabe zugetraut wird – mit dem Management-Profiling lassen sich die damit verbundenen Fragen beantworten.
Abschließend beschreiben wir, welche Nebenwirkungen mit den herausgearbeiteten Verhaltensmustern statistisch häufig verbunden sind und geben Tipps, wie jemand seine persönliche Wirksamkeit verbessern kann.
Da wir keine realen Management-Profile öffentlich machen können, haben wir eine unterhaltsame Lösung gefunden, das Ergebnis unserer Arbeit erlebbar zu machen. Dazu haben wir die simulierte Frage der Apple Computer Inc. beantwortet, ob man Steve Jobs im Jahr 1985 die Führungsverantwortung für die MacIntosh-Abteilung und eine führende Rolle in der Firma belassen sollte?
Wie unsere Antwort aussieht, können Sie im Management-Profiling-Bericht (PDF) von Steve Jobs nachlesen.
Wie wertvoll sind denn die Ergebnisse des Management-Profilings?
Die Treffsicherheit eines Verfahrens – und damit dessen Sinnhaftigkeit – wird durch den Zusammenhang einer Vorhersage zum späteren Resultat wiedergegeben. Es geht also beispielsweise um die Antwort auf die Frage, wie gut ein Assessment-Center-Ergebnis den späteren Berufserfolg vorherzusagen versteht. Statistisch wird dies in Form von Kennzahlen zur Validität (Gültigkeit) beschrieben.
Die Validität des Management-Profilings konnte in einer umfangreichen Studie mit mehreren Unternehmen bestätigt werden. Die Bewertungen der Management-Profiler erzielten Vorhersage-Werte von r = .66. Berufserfolg wurde dabei als „erkennbare Steigerung des Beitrags zum Unternehmenserfolg, vor allem in einer (neuen) Führungsrolle“ definiert.
Zum Vergleich: Professor Heinz Schuler berichtete, dass 1987 für Assessment-Center noch ein Validitätswert von r = .29 nachgewiesen werden konnte, der bis zum Jahr 2007 auf r = .22 sank. Dabei konnte er zeigen, dass es ihm als Fachmann gelingt, die Treffsicherheit seiner eigenen Assessment-Center durch eine Erhöhung der Methodenvielfalt auf Werte zwischen r = .40 und r = .48 zu erhöhen.[2]
Um weitere Vergleiche zu haben: Mit die höchsten Prognose-Werte erzielen Intelligenztests, wenn es um die Vorhersage von Ausbildungserfolg geht (r = .54), während beispielsweise reine Persönlichkeitstests nur mit r = .27 die Beurteilung durch den Vorgesetzten vorherzusagen verstehen. Das BIP (Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung), ein sehr solide konstruiertes und erforschtes Verfahren, erzielt beeindruckende Werte bis zu r = .49, wenn es um die Vorhersage von Einkommen, berufliche Zufriedenheit oder Hierarchiestufe geht.
Wie man sieht: Damit gehört unser Management-Profiling zu den treffsichersten Verfahren der Branche.
Wie erleben Kandidaten selbst das Management-Profiling?
Tatsächlich zählt die Akzeptanz eines Verfahrens seitens der Betroffenen als weiteres, wichtiges Gütekriterium. Hier schneidet das Einstellungsgespräch unter Bewerbern am besten ab. Grundsätzlich haben die Menschen in einer diagnostischen Situation drei Sorgen: Wird man mir gerecht? Laufe ich Gefahr, gekränkt zu werden? Steht das Ergebnis meinen Karrierezielen im Wege?
Nahezu alle Kandidaten äußern im Anschluss des Management-Profilings ihr großes Erstaunen darüber, wie differenziert sie erkannt wurden und wie transparent und wertschätzend der Prozess war. Selbst wenn sich die Ergebnisse nicht immer mit den Hoffnungen der Beteiligten decken: Nachvollziehbar sind sie immer.
Die Atmosphäre während des diagnostischen Prozesses wird von über 90% der Betroffenen als „unerwartet angenehm“ oder „absolut angenehm“ beschrieben.
[1] 1985 wurde in den USA mit dem „Violent Criminal Apprehension Programme (VICLAP)“ eine landesweite Datenbank zur Unterstützung bei der Aufklärung von Tötungsdelikten eingerichtet. Darauf aufbauend wurde von 1992 bis 1994 in Kanada das „Violent Crime Linkage Analysis System (ViCLAS)“ aufgebaut. Dieses System wurde kostenlos an ausländische Behörden weitergegeben, die es für ihre Zwecke auch modifizieren dürfen. In Deutschland wurde z.B. neben Tötungs- und Sexualdelikten auch das „verdächtige Ansprechen von Kindern und Jugendliche mit verdächtigem Hintergrund“ sowie Vermisstenfälle mit aufgenommen. ViCLAS kommt mittlerweile in den meisten europäischen Ländern zum Einsatz.
[2] Schuler, Dr. Heinz (2007): Spielwiese für Laien? Weshalb das Assessment-Center seinem Ruf nicht mehr gerecht wird, in Wirtschaftspsychologie aktuell 2/2007, S. 27-30