Erfolgreich führen in einer digitalisierten Welt

Erfolgreich führen in einer digitalisierten Welt

Erfolgreich führen in einer digitalisierten Welt

Wer vor wenigen Jahren von Führung in digitalen Zeiten sprach, wollte vor allem sein Unternehmen mit modernster Technik wettbewerbsfähig halten. Inzwischen haben digitale Formen der Zusammenarbeit unseren Arbeits- und Führungsalltag stark verändert. Wir lassen uns von Algorithmen organisieren, sprechen von Remote Leadership und beobachten neugierig, wie sich die »hrtech«-Szene entwickelt. Und viele fragen sich: Erfolgreich führen in einer digitalisierten Welt – Was bedeutet das eigentlich praktisch? 

Eine Flut digitaler Produkte[i] verspricht, unsere Zusammenarbeit zu fördern und die Personalarbeit zu revolutionieren. Die Anbieter-Szene tritt selbstbewusst unter dem Hashtag »HRtech« auf. Sie ist in den letzten Jahren immer vielfältiger geworden[ii] und jongliert gerne mit beeindruckenden Schlagworten.[iii] Begriffe wie Künstliche Intelligenz, Big Data oder Deep Learning können verunsichern, denn sie vermitteln den Eindruck, der gesunde Menschenverstand reiche in Zukunft nicht mehr aus.

Mit etwas Abstand stellt man fest: Digitale Führungstools verursachen noch keine Revolution. Die Kernaufgaben der Führung verändern sich auch unter den neuen Bedingungen nicht. Was man früher am Besprechungstisch und im direkten Kontakt machte, findet einfach jetzt häufiger am Bildschirm oder über die App statt.[iv]

Digitale Zusammenarbeit: Mit neuen Werkzeugen managen

Somit geht es in erster Linie darum, von den Vorteilen solcher Werkzeuge zu profitieren – und auf deren Nebenwirkungen angemessen zu reagieren. Das scheint allerdings ein wichtiger Aspekt zu sein, denn die Erfahrungen der Pandemiezeit zeigen, dass hybrides Arbeiten z.B. den Zusammenhalt, die Loyalität und das gegenseitige Vertrauen im Team gefährdet.[xvii] Auch die Distanz der Führungskräfte zu ihren Mitarbeitern wächst unter den aktuellen Bedingungen, wie eine Microsoft-Studie belegt.[xviii]

Tipps:

  • Arbeiten Sie sich ernsthaft in die digitalen Werkzeuge ein, die Ihr Unternehmen zur Verfügung stellt. Nichts davon ist Hexenwerk.
  • Lassen Sie sich von der Vielfalt der Angebote und Lösungen nicht verunsichern. Kaum etwas davon revolutioniert die Führungsarbeit in ihrem Kern.
  • Entwickeln Sie Neugier für die Szene, und probieren Sie vielversprechende Lösungen spielerisch aus.[v]
  • Werden Sie sensibel für die Neben- und Spätfolgen digitaler Führungswerkzeuge, und stellen Sie Ihr Verhalten darauf ein.

Digital Leadership: Hype oder »Götterdämmerung«

Spannend wird die Diskussion im Grunde erst, wenn die Technik beginnt, Führungskräfte aktiv zu unterstützen. Der Führungsforscher Niels Van Quaquebeke[vi] nennt dies das »NEW« des Digital Leadership. Hier sollen Algorithmen – wie sie es an vielen Stellen tun – nun auch Führungskräfte von regelmäßigen und strukturierten Aufgaben befreien. Das (Verkaufs-)Argument: So können diese sich auf kreative bzw. unternehmerische Aufgaben konzentrieren und haben mehr Zeit für motivierende persönliche Begegnungen.

Erfolgreich führen in einer digitalisierten Welt bedeutet aus dieser Perspektive, es so lange wie möglich zu vermeiden, durch eine KI ersetzt zu werden. Auch wenn die Experten sich einig sind, dass die Führungsrolle noch nicht zu den durch Künstliche Intelligenz gefährdeten Berufen zählt: völlig geklärt ist das nicht.

Während die einen Künstliche Intelligenz zum »HRtech-Mythos« verklären, macht sich an anderer Stelle Ernüchterung breit.[vii] Fachleute wissen, wie oft Big Data mit unseriösen Daten, trivialer Statistik und wenig aussagefähigen Algorithmen arbeitet.[viii] Prof. Kristian Kersting (Träger des „Deutschen KI-Preises 2019) geht sogar so weit, die Bedeutung von Deep Learning-Ansätzen für die Psychologie, die Wirtschaft und andere Sozialwissenschaften grundsätzlich zu hinterfragen.[ix] Die Behauptung, Maschinen könnten auf diesem Spielfeld den Menschen ersetzen oder übertreffen, bezeichnet er als reinen Etikettenschwindel.[x]

Nüchtern muss man heute registrieren: Obwohl die HR-Community die Chancen und Risiken Künstlicher Intelligenz lebhaft diskutiert, kommt entsprechende Software noch selten zum Einsatz.[xi] Dabei spielen nicht nur sachliche Gründe eine Rolle, sondern auch der fehlende Mut für ungewohnte Experimente – und den damit verbundenen Zusatzaufwand.

Es gibt allerdings Ausnahmebereiche…

Digitale Steuerung: Algorithmen managen lassen

Algorithmen machen sich bereits in der Fertigung, Zusammenarbeit und Logistik nützlich. Sie bereiten Entscheidungen oder Arbeitsprozesse vor, bewerten das Mitarbeiterverhalten und die Stimmung im Team[xii] und übernehmen in manchen Unternehmen bereits die Kündigung.[xiii] Die damit verbundenen ethischen Fragen werden engagiert diskutiert.[xiv]

Dieses »Algorithmische Management«[xv] führt unausweichlich zu mehr Überwachung am Arbeitsplatz und zur Entfremdung zwischen der Organisation und den Mitarbeitern. Die Entmenschlichung der Arbeit wird weiter vorangetrieben: Mitarbeiter bewegen sich nur noch mit Wearables (tragbare Sensoren), ihre Bewegungsdaten und Bildschirmaktivitäten werden aufgezeichnet, analysiert und in einfach lesbare Kennzahlen umgewandelt.[xvi]

Das Tragische: Die Betroffenen erleben sich nicht mehr als verantwortungsvolle Mitglieder attraktiver Leistungsgemeinschaften, sondern als Komponenten eines digital gesteuerten Arbeitsprozesses. Dass gleichzeitig weltweit die Nachfrage nach Software steigt, mit der sich Mitarbeiter – nicht nur im Homeoffice – überwachen lassen, sollte uns Gedanken machen.〈xvi-2〉

Und was ist dabei aus dem „Verkaufsversprechen“ geworden? Nutzen Führungskräfte die gewonnene Zeit für echte Begegnungen und individuelle Führungsarbeit?

So sieht die Realität derzeit nicht aus. Vielmehr versuchen findige Entwickler, nun auch den zwischenmenschlichen Bereich der Führung zu besetzen: Algorithmen können heute bereits die Emotionen der Belegschaft bewerten und Korrekturmaßnahmen einleiten, wenn diese die Ergebnisse gefährden könnten („Bitte registrieren Sie sich für unser Achtsamkeitsprogramm und nutzen Sie die Burnout-Prophylaxe-App.“).

Wollen wir uns Führung in einer digitalisierten Welt so vorstellen?

Merkwürdig wäre das schon, da wir bei menschlichen Führungskräften ganz andere Maßstäbe anlegen: Von denen erwarten wir Wertebewusstsein, die Fähigkeit, ein begeisterndes Wir-Gefühl zu fördern, attraktive Perspektiven anzubieten − und immer häufiger sogar »Sinnmöglichkeiten« zu schaffen.

Besteht damit der logisch nächste Schritt darin, bei der Programmierung der »ultimativen Führungs-KI« all diese noch vernachlässigten Themen mit zu berücksichtigen?

Digitale Chefs: Wann werden wir von einer KI geführt?

Um eine solche Vision zu verwirklichen – wie wünschenswert oder bedrohlich sie sein möge –, müssten wir gigantische Hürden nehmen. Zunächst einmal würde eine echte »Führungs-KI« von uns eine harte Definition von Führungserfolg erwarten. Denn nur so könnte sie sich selbst weiter optimieren.

Wir müssten also beantworten, was wir exakt meinen, wenn wir von »erfolgreicher Führung« sprechen. Eine Frage, um die seit Beginn der Führungsforschung gerungen wird. Stand heute: uneindeutig!

Im Anschluss bräuchten wir Unmengen von führungsrelevanten Daten, um unsere KI zu trainieren. Daten, die wir weder haben noch bekommen werden. Und selbst wenn solche Daten vorhanden wären, müssten Menschen diese erst mühevoll brauchbar machen. Zum Vergleich: Bei einem seriösen Spracherkennungssystem verschlingt allein eine solche Qualifizierung der Daten 95 Millionen Euro, bevor eine einzige Zeile KI programmiert werden kann.[xix] Wirklich selbständig läuft da gar nichts.[xx]

Kurz: Es ist sehr unwahrscheinlich, dass wir in absehbarer Zeit von einer KI geführt werden!

Vielversprechender ist der Ansatz, Computern beizubringen, wie sie Führungskräfte in ihrer Aufgabe erfolgreicher machen können. Nachweislich schneiden Mensch-Maschine-Teams bei komplexen, dynamischen Aufgaben erfolgreicher ab als Menschen oder Maschinen unter sich.[xxi] Dieser Weg wird unter dem Stichwort »Digital Leadership Assistant« beschritten.

Digitale Führungsassistenten: Mit „Navigationssystem“ managen

Solche Systeme arbeiten nicht daran, Führungskräfte in bestimmten Führungsaufgaben zu ersetzen. Stattdessen erleichtern sie ihnen deren Bewältigung.[xxii] Dabei berücksichtigen sie Studien, die die Reaktion von Menschen auf eine KI als Führungskraft erforscht haben[xxiii] und nutzen die unbestrittenen Vorteile cleverer Algorithmen:

  1. Diese können besser als wir mit komplexen Situationen – wie Führungssituationen sie darstellen – umgehen (z.B. Analysen vornehmen, Erfolgsfaktoren identifizieren und Prioritäten setzen).
  2. Seit die besten GO- und Schach-Spieler der Welt von Computern besiegt werden, wissen wir: Algorithmen können nüchterner Vorgehensweisen empfehlen, die mit der größten Wahrscheinlichkeit zum Erfolg führen.
  3. Und bereits lange ist bekannt, wie wertvoll sie dabei sind, unsere Arbeit pragmatisch und effizienter zu organisieren.

Im Führungskontext können Algorithmen heute schon auswerten, wie herausfordernd die aktuelle Situation für die jeweilige Führungskraft ist, auf welche Führungsthemen sie sich konzentrieren muss und welchen zeitlichen Aufwand sie dafür einplanen sollte.

Gleichzeitig ist ein »Digital Leadership Assistant« in der Lage, praktische Tipps zu geben, wie die aktuelle Führungssituation bestmöglich zu bewältigen ist. Durch regelmäßige Aktualisierungen der Situationsanalyse lassen sich die eigenen Führungserfolge sogar mitverfolgen und messbar machen.[xxiv] Und während Sie dies hier lesen, sind die Algorithmen – durch Feedbackprozesse und kuratiertes Lernen – schon wieder schlauer geworden.

Halten wir also abschließend fest: KI-Systeme werden die Führung von morgen massiv beeinflussen. Ob sie dabei eine humane, nachhaltige und innovative Führungskultur fördern, hängt davon ab, wie wir sie konzipieren.

Ist das Thema spannend für Sie? Dann folgen Sie uns doch auf LinkedIn…  https://www.linkedin.com/company/lead2gether

[i] https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/hr-tech-start-ups-wollen-die-personalarbeit-umkrempeln-17295397.html

[ii] https://www.future-of-hr.com/2021/08/hr-startup-szene/

[iii] https://www.haufe.de/personal/hr-management/marktuebersicht-hr-software_80_554182.html

[iv] https://www.plattform-lernende-systeme.de/AG2_WP_Fuehrung_im_Wandel.pdf

[v] https://www.3sat.de/kultur/kulturdoku/ich-rechne-also-bin-ich-102.html

[vi] https://www.managerseminare.de/ms_Artikel/Next-Leadership-Wie-digital-wird-Fuehrung,282954

[vii] https://www.haufe.de/personal/hr-management/ueberblick-im-e-learning-markt_80_569280.html

[viii] Christian Scholz, „Smart durch Big Data? Plädoyer für eine kritische Betrachtung“, in Wirtschaftspsychologie aktuell 2/2016, S. 25-30

[ix] https://www.welt.de/wirtschaft/Happy-birthday-KI-Die-Kuenstliche-Intelligenz-feiert-65-Geburtstag.html

[x] https://www.welt.de/wirtschaft/Kuenstliche-Intelligenz-Wie-Etikettenschwindler-unseren-Fortschritt-riskieren.html

[xi] https://www.personalwirtschaft.de/news/hr-organisation/e-learning-kuenstliche-intelligenz-hr-software-95390//

[xii] https://www.chip.de/news/Canon-mit-fragwuerdigen-Methoden-bei-Mitarbeitern_183667360.html

[xiii] „Vom Roboter gefeuert“, DIE WELT, 01. Juli 2021, S. 11

[xiv] https://www.ethikbeirat-hrtech.de/

[xv] Eike Kühl, „Die KI: Dein Boss“, in t3n Magazin Nr. 67, S. 48-51

[xvi] https://www.future-of-hr.com/2020/07/ki-und-menschliche-arbeit/

[xvii] www.haufe.de/personal/hr-management/vertrauen-am-arbeitsplatz.html

[xviii] https://www.internetworld.de/marketing-trends/unternehmen/fuehrungskraefte-vergangenen-jahr-remote-arbeit-lernen-2700039.html

[xix] https://www.welt.de/wirtschaft/article230812509/KI-und-Medizin-Gesundheitsdaten-muessen-genutzt-und-geschuetzt-werden.html

[xx] https://www.swr.de/wissen/1000-antworten/wie-lernt-eine-kuenstliche-intelligenz-100.html

[xxi] https://digitaleweltmagazin.de/fachbeitrag/human-in-the-loop-wie-mensch-und-ki-aufgaben-besser-loesen/

[xxii] https://www.computerwoche.de/a/automatisierte-fuehrung-ist-science-fiction,3546801

[xxiii] https://www.personalwirtschaft.de/news/hr-organisation/eine-ki-fuehrt-uns-teilweise-bereits-unterschwellig-138678/

[xxiv] https://www.linkedin.com/pulse/der-computer-als-coach-bei-lew-geht-das-lechwerke-ag/

https://digitaleweltmagazin.de/ki-in-der-arbeitswelt-was-fuehrungskraefte-beachten-muessen

New Work: Vom Virus infiziert?

New Work entmystifiziert

Muss man sie nicht lieben, diese wunderbare New-Work-Idee eines Philosophen von Selbstständigkeit, Teilhabe und Freiheit? Natürlich muss man das! Selbst wenn – oder gerade weil – Frithjof Bergmanns gesellschaftliches Anliegen zum Synonym für alle innovative Ansätze im Berufsleben mutierte. New Work wird allerdings gerade entmystifiziert! Das Virus zwingt uns jetzt, genauer hinzuschauen: Was wirkt wie? Was bedeutet das für die Führungsarbeit? Woran können wir uns orientieren?

Ging es New Work anfangs um den Gegenentwurf zum althergebrachten Arbeitsmodell der 60er Jahre, wird mittlerweile eine lebenswerte berufliche Zukunft – möglichst in lustvollem Ambiente − mit persönlichem Wachstum und sinnhaftem Tun angestrebt. Kurz: Es geht um einen Heilsbringer!

Nun darf man allerdings die Frage stellen, in welchen Zeiten Heilsbringer ihre Funktion wirklich erfüllt haben. Oft entpuppen sie sich als schillernde Seifenblasen, die einen klaren Blick auf die Situation erschweren. Selbst der Begründer des New-Work-Gedankens zeigt sich heute mehr als unzufrieden.

Seifenblase: New Work

Was hat nicht alles Platz unter dem Label »New Work« gefunden: Der anfängliche Wunsch nach frei zur Verfügung stehender Arbeitszeit wuchs sich zur Vertrauensarbeitszeit und Sabbatical-Angeboten aus. Bald konnte man darüber hinaus Job oder Schreibtisch teilen, von Tagen im Home-Office profitieren, sich im Co-Working üben oder davon träumen, in einem kreativen Dauer-Flow und ohne Hierarchien zu arbeiten. Weltweit bekannte Großunternehmen zahlten für einen Besuch bei wirtschaftlich unbedeutenden Mikro-Firmen viel Geld, um sich anzuschauen, wie das funktionieren kann: das Chefsein zu beenden.

Das prägende Motiv: Die von den Unternehmen hart umkämpften Mitarbeiter*innen wollen sich stärker gewürdigt sehen, lustvoll und frei arbeiten und an spannenden Themen beteiligt werden. Viele Ansätze waren insofern auch als Waffen im »War for Talents« zu verstehen.

All dies schien zu einem festen Bestandteil des Zeitgeistes geworden zu sein, der seinen jüngsten Gipfel damit erreichte, dass sich z.B. die Xing SE in New Work SE umbenannte. Die begründete dann harte Einsparziele mit der Corona-Situation.

Von der eigenen Fan-Gemeinde vor lauter Begeisterung – und oft auch massivem Geschäftssinn − aufgeblasen, stand die Seifenblase bald vor dem Platzen: Agile Methoden führten bedauerlicherweise nicht automatisch zu besseren Leistungen und aufsehenerregende Ideen − z.B. Holokratie und Soziokratie – tauchten in der Praxis kaum auf. Gleichzeitig mehrten sich Berichte über kritische Nebenwirkungen der New-Work-Ansätze. Die paradoxe Erkenntnis: Es bedarf einer beachtlichen Führungsleistung, um deren Umsetzung im Unternehmen nicht zu einem völligen Flop werden zu lassen.

Und dann kam Corona…

Wer gerade noch das eigene Verhalten an den Vorbildern des »Agilen Coachs« und des »Moderators auf Augenhöhe« orientierte oder gar Führung überflüssig machen wollte, stolperte plötzlich durch eine Welt entschlossen agierender Krisenmanager. Eine weltweite Studie mit 27.000 Manager*innen aus 48 Ländern belegte inzwischen die signifikante Zunahme autoritärer Führung während der Pandemie.

Nach dem ersten Schock kam es – insbesondere von Beraterseite − zu einer Verteidigungswelle: Man freute sich lautstark über den digitalen Schub, wies auf die hohe Anpassungsfähigkeit agiler Unternehmen hin und betonte Remote und Digital Leadership: Nur so könne man in der noch unberechenbarer gewordenen VUCA-Welt bestehen.

Die intensive Homeoffice-Situation sei der ultimative Beleg dafür, dass New Work nun vollständig in der Wirtschaft angekommen sei. Gerne werden Befragungen zitiert, in denen die Betroffenen ihre Zufriedenheit mit der Arbeit von Zuhause bekunden. Ein Schelm, wer darauf hinweist, dass Zufriedenheit ja keinesfalls bedeutet, erfolgreich und produktiv zu sein. Studien zur Frage der Leistungsfähigkeit übergreifender Homeoffice-Konzepte gibt es noch nicht, und die erlebten Einschränkungen schmerzen (vermisster persönlicher Austausch, sinkende Loyalität, reduzierte Kreativität, Entgrenzung von Berufs- und Privatleben…).

Erhebungen zeigen, dass es kaum Veränderungen gab, die mehr als das unvermeidbare Ergebnis der Corona-Beschränkungen waren. Der verstärkte Einsatz digitaler Technologien und Kommunikationsformen, der Homeoffice-Boom oder die virtuelle Zusammenarbeit: Offenbar aus der Not geboren! Die Produktivität leidet oft ebenso wie die mentale Verfassung derjenigen, die mit Doppel- und Dreifachbelastungen kämpfen. Wollen wir hier wirklich Vorzeichen eines Kulturwandels im Sinne des New Work erkennen? „Letztlich steckt auch hinter der viel beschworenen Demokratisierung der Unternehmen nur der Versuch, im Sinne der Profitmaximierung noch besser auf die Arbeitskraft des Mitarbeiters zugreifen zu können.“, meint Prof. Stefan Kühl von der Universität Bielefeld (Wirtschaftspsychologie aktuell, 2/2016, S. 58).

Resultate zählen

Viele Organisationen werden in den kommenden Jahren mit der Krisenbewältigung beschäftigt sein. Nach wie vor – oder vermutlich sogar stärker denn je − geht es um handfeste Ergebnisse. Alle Maßnahmen verlieren an Bedeutung, die nicht auf die Wertschöpfung einzahlen, der Liquiditätssicherung dienen oder zu Effizienz- und Effektivitätsgewinnen führen. Wenn Bahn-Chef Richard Lutz in der WirtschaftsWoche (09.04.2020) erklärt, „dass wir uns ganz viel davon auch in der Zeit nach Corona erhalten werden“, dann einfach, weil es „effektiv und effizient ist“. Facebook und Allianz wollen ihre Mitarbeiter*innen dauerhaft ins Homeoffice bekommen. Um berufliche Sinnstiftung geht es ihnen dabei nicht. Vielmehr denken sie ebenso in Einsparungspotenzialen, wie die „Daily News“, die ihre Büros ganz aufgeben will.

In Momenten der Wahrheit – wie wir sie häufig in diesen Zeiten multipler Krisen erleben – wird deutlich, dass erfolgreiche Führung nicht dadurch zustande kommt, das richtige Mindset zu haben, dem Zeitgeist zu folgen oder bestimmte Techniken einzusetzen. Ungeschminkt tritt plötzlich hervor, worum es in dieser Rolle wirklich geht: Dafür Sorge zu tragen, dass es gemeinsam (weiter) funktioniert!

Diese nüchterne Tatsache entzaubert viele New-Work-Mythen. Jetzt wird sich zeigen, worauf es tatsächlich ankommt – und was dem Zeitgeist geschuldet war.

Die Essenz der Führung

Es könnte eine wertvolle Nebenwirkung der Krise sein, differenzierter über die fundamentalen Kernaufgaben der Führung nachzudenken − und Gesinnungskriege einzustellen. Die wesentlichste Erkenntnis ist vielleicht: Führung ist kein Verhalten, sondern eine Aufgabe! Und die lässt sich nicht nur auf unterschiedlichste Weise erfüllen, sie verlangt auch ein sehr individuelles und situatives Vorgehen.

Das kann unter bestimmten Voraussetzungen Selbstorganisation, Homeoffice und agile Methoden erfordern. Unter anderen Bedingungen mögen aber auch klare Anweisungen, zentralisierte Entscheidungen und hohe Prozess-Disziplin sinnvoll sein. Eben deshalb ist die paradoxe Lage erklärbar, dass wir einerseits dominanten, unfassbar reichen Unternehmer-Persönlichkeiten huldigen − und zugleich fasziniert auf scheinbar führungslose Gemeinschaften von Aktivisten blicken.

Es ist schwer, in diesem widersprüchlichen Durcheinander nicht die persönliche Orientierung zu verlieren. Wird Führung stetig komplizierter? Wird sie völlig anders, überflüssig oder digitalisiert? Reinhard K. Sprenger ist skeptisch: „Ich erwarte etwas – und zwar nichts Neues. Auch nichts Neues in Bezug auf Führung, Vertrauen und Motivation. Allenfalls das Auffinden von Altem.“ (managerSeminare, Heft 267, Juni 2020). Damit steht er in der Tradition des Evolutionären Führungsmodells, das Führung als uralte Aufgabe beschreibt, die in Hunderttausenden von Jahren ´bleibende Spuren´ in uns hinterlassen hat.

Noch bleibt abzuwarten, welchen Einfluss die aktuellen Krisen langfristig auf unser Führungsverständnis haben wird. Im Kern geht es jedoch stets um die erfolgreiche gemeinsame Leistungserbringung. Zweifellos werden wir von jetzt an noch stärker herausgefordert, die individuellen Wünsche und betrieblichen Belange erfolgreich auszubalancieren. Dabei moralisierend von außen zu predigen, Manager*innen müssten nur „mehr vertrauen“, „häufiger zuhören“ und „Moderator und Coach“ sein, geht am Wesentlichen ihrer Aufgabe und Verantwortung vorbei!

Der Blog-Artikel basiert auf einer Veröffentlichung, die in PERSPEKTIVEN 11-12/2020 erschien.

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Lust auf Karriere? Führung mit KI

Lust auf Karriere? Mit KI zur guten Führung

Lust auf Karriere? Mit KI zur guten Führung

Wohin mit Ihrem Ehrgeiz, während Corona die Welt in Atem hält? Im Mai stellten wir auf karriere.de fest: „Keine guten Zeiten für berufliche Ambitionen!“ Aber wir zeigten in unserem Artikel auch, wie man berufliche Pläne nicht kampflos einem Virus opfert. Wenn Gemeinschaften in eine Krise geraten, können Einzelne einen wesentlichen Unterschied machen und sich – falls sie Lust auf Karriere haben − damit für eine Führungsposition profilieren. Dabei spielt nicht KI, sondern menschliche Intelligenz die entscheidende Rolle. Ganz anders sieht die Sache aus, wenn Sie schon eine Führungsaufgabe haben…

Der Alltag der meisten Führungskräfte ist komplex, fordernd und belastend. Vor Corona sorgten etablierte »Spielregeln der Karriere« für eine gewisse Berechenbarkeit. Gut aufgestellt waren bislang diejenigen, die sich an folgende fünf Regeln hielten:

  1. Sei loyal!
  2. Sei fleißig!
  3. Löse für Deine Vorgesetzten deutlich mehr Probleme als Du Ihnen bereitest!
  4. Kümmere Dich besonders um Probleme, deren Lösung Dir in der Organisation Sichtbarkeit verschafft!
  5. Schaffe Dir ein nützliches Netzwerk!

In größeren Organisationen war es lohnend, sich für einen „Goldfisch-Teich“ bzw. Potenzialkreis zu empfehlen und von professionellen Entwicklungsprogrammen zu profitieren. Die eigene Führungsqualität war nur dann ein ernsthafteres Thema, wenn der persönliche Stil für Unruhe im Team sorgte, also gegen Regel Nr. 3 verstieß.

Wie gesagt: Das war vor Corona! Und jetzt?

Corona: Vergeht Ihnen die Lust auf Karriere?

Wir arbeiten von Zuhause, konzentrieren uns auf die Kernprozesse, unsere Begegnungen sind eingeschränkt, das Kostenbewusstsein gestiegen… Selbst größter Einsatz ist derzeit in unserer Gesellschaft eher Applaus auf den Straßen wert als finanzielle oder hierarchische Entwicklung. Die Anzahl der Google-Suchen nach dem Thema Karriere halbierten sich in den ersten Monaten des Jahres.

Wer nach Führungstipps sucht, findet jetzt vor allem Homeoffice-Themen oder Erfahrungsberichte. Wir lernen, dass jetzt nicht mehr einfach geführt wird, sondern Remote Leadership gefragt ist.

So wertvoll solche Ansätze auch sein mögen, − unter Karriereperspektive bleiben sie glanzlos. Schließlich bekommt man keine Pluspunkte für das Umsetzen von Verhaltenstipps. Solche Punkte gibt es nach wie vor in erster Linie für Erfolg!

Booster für Ihre Karriere: Pragmatisches Führungsverständnis

Corona entlarvt die modernen Führungstrends: Wer gerade noch – ganz im Sinne von New Work − das eigene Verhalten an den Vorbildern des „Agilen Coachs“ und des „Moderators auf Augenhöhe“ orientierte, stolpert jetzt durch eine Welt entschlossen handelnder Krisenmanager.

Ein guter Zeitpunkt, um es endlich zu akzeptieren: Führung ist kein bestimmtes Verhalten, sondern eine Aufgabe – und das seit Urzeiten des menschlichen Miteinanders. Was dabei „richtig“ ist, bestimmen keine Berater oder Führungstrends. Das wird durch die jeweilige Situation definiert.

Aus Karriere-Perspektive kommt es für Manager deshalb stärker denn je darauf an, das Wesentliche zu identifizieren: Worum muss ich mich genau in meiner persönlichen Lage unbedingt kümmern – und worum nicht? Eine Aufgabe, die mit steigender Komplexität und zunehmenden Verantwortlichkeiten immer schwieriger wird. Zumindest, wenn man alles „im Kopf“ oder „auf dem Papier“ machen will. Aber das muss man ja nicht!

Werfen wir einen kurzen Blick in einen der professionellsten Bereiche der Welt: den Leistungssport. Sich von Algorithmen unterstützen zu lassen, gehört hier nahezu zum Standard. Niemand käme auf die Idee, das als Schwäche oder Zeichen eines Defizits zu deuten. Ganz im Gegenteil: Es ist – ebenso wie eigene Physio-Teams und persönliche Coachs − Zeichen höchster Professionalität.

Dagegen sind es in der Wirtschaftswelt bislang nur einige absolute Top-Manager, die ihre Führungsaufgabe im Stil von Profi-Sportlern angehen. Das bedeutet hier zumeist: Disziplin im Umgang mit den eigenen Leistungsressourcen, wertvolle Mentoren und Coachs, optimale Arbeitsmittel und Offenheit für neue Werkzeuge.

Booster für Ihre Karriere: Digital Leadership Intelligence

Algorithmen können uns nachweislich dabei unterstützen, die Komplexität des Führungsalltags zu durchdringen und dadurch unseren Fokus auf das gerade Wichtige richten. Sie lassen sich bei ihrer Aufgabe weder von Emotionen noch von Impulsivität ablenken, können treffsichere Verhaltenstipps geben und selbst systematisch optimiert werden. Und das Schöne ist: Lust auf eine eigene Karriere entwickeln sie nie.

Wenn es also für Manager tatsächlich darauf ankommt, (a) das Wesentliche zu identifizieren und (b) unabhängig von eigenen Gewohnheiten, Vorlieben und Führungstheorien „das Richtige“ zu tun, dann wird an der Nutzung solcher digitalen Werkzeuge kein Weg vorbeigehen.

Wird uns irgendwann eine KI führen? Eine spannende Frage. Unsere Haltung dazu finden Sie hier: Wann werden Roboter unsere Chefs?

 

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Führung: Ist das was für mich?

Führung-verstehen-Interview
Führung-verstehen-Interview

Führung: Ist das was für mich? Diese Frage stand im Mittelpunkt des kurzweiligen Gesprächs mit der Podcasterin und Laufbahnberaterin Ingrid Liedmeier und unserem LEAD2gether Führungsspezialisten/ -coach Herrn Alznauer. Es hat ausgesprochen Spaß gemacht, dieses Thema mit ihr aus der Perspektive der Evolutionären Führung zu beleuchten.

Quelle: https://arbeit-darf-leicht-sein.podigee.io/14-fuerungskraft-werden

 

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Führung, die uns Menschen gerecht wird

Warum sollte ein fähiger, gesunder Mensch einem anderen folgen? Darauf gibt es eine klare Antwort, die mit der menschlichen Evolution zu tun hat. Führung ist eine uralte Aufgabe, die in Hunderttausenden von Jahren ´bleibende Spuren´ in uns hinterlassen hat. Solche Spuren können wir uns wie eine »psycho-logische Hardware« vorstellen: eine tief verankerte, zweckmäßige Erwartung. Wir zeigen Ihnen, worauf Sie achten müssen: So geht evolutionäre Führung!

Es gibt Aufgaben, die seit archaischen Vorzeiten unser Überleben bestimmen: Wir müssen uns ernähren, miteinander zurechtkommen, für Nachwuchs sorgen usw. Für solche Probleme entstanden instinktive Lösungsmuster, die uns bis heute begleiten. Eines dieser Probleme hat damit zu tun, dass menschliches Überleben nur als Gruppe möglich ist. Irgendwann stellte sich heraus, dass gut geführte Gemeinschaften bei großen Aufgaben erfolgreicher waren. Daran hat sich bis heute nichts geändert!

Die Stellenbeschreibung der ersten Führungskraft lautete: Sorge dafür, dass es gemeinsam funktioniert!

Man könnte prosaisch sagen: Diese Stellenbeschreibung hat uns ´Mutter Natur´ einprogrammiert. Schlauerweise hat sie aber keine unveränderlichen Lösungen festgelegt. So können wir alles einsetzen, was in einer speziellen Situation nötig ist. Entscheidend ist nur eins: Es muss funktionieren! Für unsere archaischen Vorgänger ging es um das nackte Überleben. Erfolglose Gruppen gehören nicht zu unseren Ahnen.

Evolutionäre Führung ohne spezielle Kompetenz

´Mutter Natur´ erfand nie eine Fähigkeit mit dem Namen ´Führungskompetenz´. Deshalb lautet das uralte Führungsgesetz auch nicht: Wenn du professionelle Mitarbeitergespräche führen kannst und empathisch zuhörst, werden dir die anderen folgen.

Immer schon ging es darum, für die Gemeinschaft und mit ihr etwas zu erreichen. Welches spezielle Verhalten dazu jeweils nötig war, hing von vielen Faktoren ab. Hat sich daran seither etwas geändert? Wohl kaum!

Um Missverständnissen vorzubeugen: Es ist prima, wenn jemand sein Repertoire an Möglichkeiten erweitert. Absolut entscheidend bleibt aber stets, dafür zu sorgen, dass alle zusammen ihr Ziel erreichen. Nur daran bemisst sich, ob wir bereit sind, jemandem freiwillig zu folgen.

Kernaufgaben für evolutionärer Führung

Aus der uralten Stellenbeschreibung lassen sich sieben Kernaufgaben der Führung ableiten. Wer sie erfüllt, macht die Gemeinschaft erfolgreicher – und sichert seine Rolle. Wem das nicht gelingt, dem helfen auch keine Titel, Seminarurkunden und Sympathien. Hier eine kurze Übersicht:

  1. Persönliche Positionierung: Erarbeite Dir Anerkennung, Renommee und Legitimation
  2. Erfolgsmodell Klarheit: Stelle sicher, eine vielversprechende Strategie für den gemeinsamen Erfolg anbieten zu können
  3. Gemeinsame Wirklichkeit: Sorge dafür, dass alle Beteiligten die Strategie verstehen, daran glauben und den von ihnen erwarteten Beitrag kennen
  4. Umsetzung: Sichere den Fortschritt bei der Verwirklichung der Strategie
  5. Leistungsgemeinschaft: Baue eine Gemeinschaft auf, die im Wettbewerb gewinnen kann und will
  6. Lebensraum: Vertrete und vernetze deine Gemeinschaft sinnvoll
  7. Perspektive: Biete eine attraktive Zukunft an und gewinne die Gemeinschaft dafür

Literaturtipp: Das evolutionäre Führungsmodell (Springer, 2020)

Viele Führungskräfte glauben, wenn sie nur den Koffer voller ´Tools´ haben und authentisch sind, wären sie gut. Als wäre jemand ein erfolgreicher Küchenchef, wenn er viele Gewürze hat. Das ist natürlich Unsinn. Es ist zweitrangig, welches Werkzeug man hat. Wesentlich ist, was man damit tut.

Deshalb sollten wir auch die Diskussion über Führungsstile und Ideal-Profile beenden. Sonst glauben noch mehr Manager*innen, man bekäme Pluspunkte, wenn man sich an einen davon hält. Bekommt man aber nicht! Führungssituationen sind viel zu unterschiedlich, als dass die Suche nach Musterlösungen uns weiterbringt.

Wir Menschen legen weder sonderlichen Wert auf rhetorisch und taktisch geschulte Vorgesetzte noch reicht es uns, wenn diese einfach nur sympathisch sind. Wir brauchen wirkungsvolle Mitglieder unserer Gemeinschaft, die aus einer erlebten Gesamtverantwortung heraus dafür Sorge tragen, dass es zusammen funktioniert! Denen folgen wir gerne!

Führung war, ist und bleibt eine Aufgabe! Diese ist in ihrem Kern uralt, selbst wenn wir sie wohl immer häufiger mithilfe ´Künstlicher Intelligenz´ angehen werden. Neugierig? Dann lesen Sie hier weiter: .

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Corona-Phase 3: Reicht´s jetzt?

Hintergrundbild - zwei Mitarbeiter

Erfolgreiche Führung ist stets etwas Situatives! Durch das Corona-Virus verändern sich die Rahmenbedingungen für Sie jetzt deutlich häufiger als noch vor wenigen Monaten. Wir analysieren die Entwicklungen und geben Ihnen von Beginn der Krise an Führungstipps, die zur aktuellen Lage passen.

 

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Führung und Corona: Phase 2

Führungskräfte Unterstützung in der Corona Zeit

 

 

Die erste Krisen-Phase war – wie die FAZ es nennt – die »Stunde der Exekutive«. Wir hatten Ihnen dazu schon früh konkrete Tipps gegeben. Ob Homeoffice, private Veränderungen, Kunden-Termine oder gar Kurzarbeit: Es gab mittlerweile viel zu regeln und neu zu priorisieren. Wie weit sind Sie gekommen? Hat alles soweit geklappt? Denn nun sind Sie und Ihre Mitarbeiter*innen bereits in der nächsten Phase. Wir zeigen Ihnen, worauf Sie dabei achten müssen – und bleiben für Sie da: Erfolgreiche Führung trotz Corona!

Die Ausgangsregelungen sind in Deutschland angekommen, fast schon alltäglich geworden. Überall bekommt man Tipps zum Arbeiten im Homeoffice. Unser Leben hat sich in kürzester Zeit verändert; alles passierte innerhalb von wenigen Tagen. Langsam kommen wir in der neuen Realität an und fragen uns: Wie lange wird und kann das so gehen? Aller Diskussionen und Aussagen zum Trotz: Niemand kann derzeit seriös planen! Und trotzdem versuchen wir, uns die Zukunft vorzustellen.

Die aktuellen Umstellungen erfordern nicht nur gute Nerven, sondern auch eine professionelle Linie! Hier vier konkrete Anregungen für die nächsten Tage:

1. Hinterfragen und differenzieren Sie Ihr Führungsverhalten

Bitte überprüfen Sie Ihre gewohnten Gesprächs- und Führungsroutinen und orientieren Sie Ihr Vorgehen jetzt nicht an irgendeinem »besten Führungsstil«. Der berufliche Alltag – und damit auch Ihre Führungsschwerpunkte – werden derzeit massiv von einigen Grundfragen bestimmt:

  • Arbeiten Ihre Mitarbeiter*innen in Kurzarbeit, sind sie im Homeoffice oder vielleicht gerade völlig überlastet, weil sie z.B. in einem systemrelevanten Bereich tätig sind?
  • Haben sie Kinder zu betreuen, leben sie alleine oder in einer Partnerschaft?
  • Brauchen sie schon im „normalen“ Geschäftsbetrieb klare Strukturen und bewährte Prozesse?
  • Wie stressfähig und selbständig sind sie?

Unser Tipp: Machen Sie sich jetzt über jeden einzelnen Ihrer Mitarbeiter*innen im Detail Gedanken. Legen Sie dazu ruhig eine Liste an, in der sie diese Fragen beantworten – und bei jedem Kontakt Ihre Notizen aktualisieren. Welche Art der Führung benötigt gerade wer?

Professionelle und hochgradig individuelle Führung ist in Corona Zeiten Ihre wichtigste Aufgabe! Und diese ist zurzeit sehr anspruchsvoll. Schreiben Sie uns, wenn Sie bei Ihren Überlegungen einen »geistigen Sparringspartner« für wertvoll halten.

2. Führen Sie zügig sinnvolle Routinen ein

Zwischenzeitlich haben Ihre Mitarbeiter*innen angefangen, sich in der neuen Welt einzurichten, – um nun auch schon bald die ersten persönlichen Gewohnheiten zu entwickeln. Stellen Sie sicher, dass diese für die gemeinsame Arbeit sinnvoll sind!

Führen Sie Ihr wöchentliches Teammeeting zum gewohnten Wochentag und Zeitpunkt durch (jetzt eben per Skype, Zoom o.ä.). Machen Sie dabei konkret zum Thema, was sie gemeinsam aus der „guten alten Vor-Corona-Zeit“ übernehmen und beibehalten wollen.

Gönnen Sie sich einen Spaß: Verabreden Sie eine gemeinsame Online-Kaffeepause diese Woche (30 min.). Hier wirklich nur Kaffeetrinken und quatschen, dabei keine beruflichen Dinge besprechen.

3. Schaffen Sie operative Orientierung

Vermutlich sind bei Ihnen die Entscheidungen über die zu nutzenden Tools bereits getroffen. Bitte konsequent den praktischen Umgang damit üben. Anfängliche Ungeschicklichkeiten sind völlig normal. Thematisieren Sie diese nur, um gemeinsam daraus zu lernen. Kritik oder gar Lustigmachen sind hier völlig deplatziert!

Lassen Sie eine Liste erstellen, wann und wie jede/r garantiert erreichbar ist – und veröffentlichen Sie diese für alle zugänglich in der Cloud. Geben Sie sich das gegenseitige Leistungsversprechen, sich daran zu halten.

Besprechen Sie mit jedem Teammitglied „unter 4 Ohren“, was Sie erwarten und wie sich das unter den neuen Umständen erreichen lässt. Versuchen Sie dabei auch zu verstehen, wie es gerade bei allen privat läuft. Da es für manche zunächst schwierig sein wird, sich selbst zu organisieren und zu steuern, verteilen Sie jetzt erst einmal klarere Aufträge als früher. Machen Sie sich Notizen zu den Absprachen.

4. Etablieren Sie neue Kontakt-Routinen

Rufen Sie jeden einzelnen Beteiligten in dieser Woche 2x an. Verabreden Sie beim Telefonat sofort die Uhrzeit für das nächste Gespräch und laden Sie dazu per Outlook ein. Daneben sind im Team tägliche Abstimmungen (10-15 Minuten) zum Tagesbeginn wertvoll:

  • Wer ist heute womit beschäftigt?
  • Was möchte wer bis morgen erreicht haben?

Das sollte Sie erst einmal stimmig durch die nächste Woche bringen. Oder haben wir aus Ihrer Erfahrung etwas Wichtiges übersehen? Teilen Sie mit uns Ihre Fragen oder Anregungen? Schreiben Sie uns. Erfolgreiche Führung trotz Corona!

Weiterhin gutes Gelingen. Sie machen das!

 

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Führung und Corona: Phase 1

Führung in Corona Zeiten

 

Worauf müssen Sie sich jetzt konzentrieren? Während bei Ihnen viele Geschäftstermine abgesagt werden und Juristen die Rechtslage beleuchten, ändert sich eines nicht: Ihre persönliche Verantwortung für den gemeinsamen Erfolg! In Krisen-Zeiten wird es noch schwerer, dieser gerecht zu werden. Ob Quarantäne oder Homeoffice, Digital Leadership oder Ängste: Sie brauchen nun einen kühlen Kopf und Professionalität! Das erwarten Ihre Mitarbeiter*innen von Ihnen! Erfolgreiche Führung trotz Corona: Wir zeigen Ihnen, worauf Sie jetzt achten müssen.

Das Corona-Virus ist eine große Herausforderung für unsere Gesellschaft – und für Ihren Führungsalltag. Dass sich dabei auch noch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen massiv verschlechtern, macht Ihre Aufgabe noch wichtiger! Dafür zu sorgen, dass unsere Organisationen weiterhin bestmöglich „funktionieren“, verlangt in Krisenzeiten unser aller Professionalität und Gemeinschaftssinn!

Eines vorab: Machen Sie Ihre persönlichen Sorgen mit sich selbst aus – oder besprechen Sie diese im privaten Umfeld. Es geht keinesfalls darum, in Bezug auf Ihre eigenen Befürchtungen „authentisch“ zu sein. Führungskräfte müssen vor allem in schwierigen Zeiten Sicherheit vermitteln und den Fokus aller Beteiligten auf das Wichtige lenken! Emotionaler Aufruhr ist dabei – wie nahezu überall – hinderlich.

1. Unterstützen Sie klare Verhaltensregeln

Die wesentlichen Empfehlungen im Umgang mit Corona – oder die von Ihrem Unternehmen definierten Regeln –  werden in Ihrem Team die meisten kennen. Halten Sie sich pragmatisch daran, seien Sie Vorbild – und sorgen Sie für deren Einhaltung. Begrenzen Sie Diskussionen über deren Für und Wider. Das bindet unnötige Energie und lenkt vom Wesentlichen in schwierigen Zeiten ab.

Die größte Herausforderung für Sie als Führungskraft besteht nicht darin, den Virus „zu besiegen“. Vertrauen Sie den dafür Verantwortlichen. Ihre Kernaufgabe besteht nach wie vor darin, den gemeinsamen Erfolg Ihres Teams im Fokus zu halten.

2. Corona und Führung der eigenen Person: Vermitteln Sie Besonnenheit und Professionalität

Achten Sie darauf, (sich) nicht selbst mit Ihren emotionalen Reaktionen zu verunsichern. Blockieren Sie in Krisenphasen das eigene Grübeln und „Verrücktmachen“ z.B. durch Atemübungen, Gesprächen mit souveränen Menschen, Gartenarbeit oder vielleicht einem Tagebuch. Begrenzen Sie sich auf wesentliche Informationsquellen zum Virus, statt jeden einzelnen Beitrag zu verfolgen.

Unterdrücken Sie Befürchtungen Ihrer Mitarbeiter*innen nicht, bleiben Sie aber in Ihren Reaktionen darauf sachlich und eher knapp. Vermeiden Sie ausufernde „Stammtisch-Gespräche“. Empfehlen Sie lieber den aktuellen Podcast von Prof. Dr. Christian Drosten.

3. Corona und Führung anderer: Bleiben Sie aufgabenorientiert

Stellen Sie sicher, dass Ihr offenes Ohr für Ängste Ihrer Mitarbeiter*innen nicht missverstanden wird: Unsicherheit und Sorgen sind keine akzeptablen Ausreden für „Nichts-mehr-leisten“. Wenn Sie jetzt im Mitleid und dem berühmten „Aktiven Zuhören“ hängen bleiben, vernachlässigen Sie Ihre Verantwortung!

Lenken Sie mit konkreten Aktionsplänen, klaren Prioritäten und ruhiger Fortschrittskontrolle die Aufmerksamkeit des Teams auf die gemeinsamen Aufgaben (zurück).

4. Werden Sie Ihrer Fürsorgepflicht gerecht

Infektionen mit dem Corona-Virus sind meldepflichtig. Es ist – auch nach DSGVO – rechtmäßig und wichtig, andere über eine mögliche Erkrankung zu informieren. In einem Verdachtsfall müssen Sie infizierte Mitarbeiter*innen umgehend von anderen fernhalten und übergeordnete Stellen informieren. Grundsätzlich sollten Arbeitgeber eine betroffene Person sofort bezahlt freistellen und klären, welche Menschen Kontakt zu ihr hatten. Diese bitte ebenfalls zum Infektionstest schicken.

Gleichzeitig gilt es zu entscheiden, wie die übrige Belegschaft vor einer weiteren Ausbreitung des Virus geschützt werden kann – etwa durch Arbeit im Homeoffice, bezahlte Freistellung oder auch Betriebsschließung.

5. Und natürlich: Lassen Sie niemanden vereinsamen

Wenn weniger Begegnungen stattfinden – z.B. bei Homeoffice -, fehlt vielen Menschen etwas. Sie fühlen sich dann isoliert, werden sorgenvoller und verlieren positive Energie. Berufliche Video- und Telefon-Konferenzen können das ebenso wenig ausgleichen wie Collaboration-Tools.

Achten Sie deshalb darauf, dass sich Ihre Mitarbeiter*innen weiterhin erleben können. Bitten Sie darum, häufiger miteinander zu telefonieren, auch mal eine kleine private Botschaft zu senden und einander zu berichten, wie es so läuft. Vielleicht sammeln Sie auch Ideen, wie sich die Situation als gemeinsame Herausforderung angehen lässt oder man einander helfen und stützen kann.

Wenn Sie sich besonnen an diesen 5 Punkte orientieren, habe Sie auch in der Krise eine stabile Grundlinie in Ihrem Vorgehen. Sollte Ihnen das noch nicht ausreichen, lassen Sie Ihre persönliche Führungssituation von LEAD2gether genauer analysieren. 

Eines ist sicher: Es gibt eine Zeit nach der Pandemie – und dann wird sich entscheiden, wer als Team oder Organisation in der Zwischenzeit gute Arbeit geleistet hat.

In diesem Sinne: Lassen Sie sich nicht anstecken!

 

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Authentisch führen? Puh…

Bild Führungsstile

Bild Führungsstile

 

Sie können es sich leicht machen: Authentisch führen? Super wichtig! Und direkt sind Sie in der beruhigenden Gemeinschaft vieler Manager, Geführten, Trainer und Autoren. „Sei authentisch“ ist nicht nur eine weit verbreitete Empfehlung, sondern oft geradezu eine moralische Forderung. Hier schwingt der Wunsch nach Ehrlichkeit und Verlässlichkeit mit, nach wahrhaftigen Begegnungen, faszinierender Ausstrahlung und innerem Frieden.
Allerdings gibt es ein Problem: Dieser Appell geht am Wesentlichen der Führung vorbei.

Es sind zumeist die Mächtigen unter uns, die Authentizität als Basis ihres Erfolges beschreiben. Provokant gesagt: Das ist Unsinn!
Leistung, Qualität, gute Beziehungen und andere Machtquellen waren die Grundlagen ihrer Karrieren. Danach konnten sie es sich erlauben, den eigenen Gewohnheiten freien Lauf zu lassen. Das fühlt sich gut an, – und wir würden das auch gerne tun. Dieses Gefühl mit dem Begriff Authentizität zu beschreiben, kann auch niemand verbieten. Allerdings könnte man es ebenso oft auch Willkür oder fehlende Disziplin nennen.

Sich selbst authentisch fühlen

Möchten wir nicht alle mit uns und der Welt im Reinen sein? Wir wollen die eigene Persönlichkeit nicht verbiegen und weiterhin „in den Spiegel schauen können“. Oftmals bedeutet das allerdings schlicht: Wir wollen so bleiben, wie wir sind! Zitat Tausender von Seminar-Teilnehmern: „Das passt nicht zu mir. So bin ich einfach nicht. Ist will doch authentisch bleiben.

Zum NachdenkenWürden Sie diese Haltung auch einer frustrierten Servicekraft in Ihrem Lieblingscafé, einem sadistischen Chirurgen oder unerfahrenen Piloten zugestehen?

Sich mit dem eigenen Verhalten wohlfühlen zu wollen, ist ein verständliches Anliegen. Wenn wir dieses Gefühl als Maßstab nehmen, wird allerdings die persönliche Weiterentwicklung schwierig.

Wechseln wir die Perspektive: Es ist eine Sache, inwieweit Sie sich selbst als authentisch erleben. Eine ganz andere, ob Sie von anderen Menschen als authentisch wahrgenommen werden!

Als authentisch erlebt werden

Was bedeutet es, wenn jemand von Ihnen mehr Authentizität einfordert? Warum möchten Mitarbeiter*innen, dass Sie „authentisch führen“? Vielleicht paradoxer Weise sogar in einem Moment, in dem Sie mit sich und der Welt völlig im Reinen sind. Was will Ihr Gegenüber dann eigentlich?

Etwas zugespitzt formuliert: Dieser Mensch will Sie berechenbarer! Ihrem Gegenüber ist es dabei egal, wie Sie „in Wahrheit“ sind oder wie Sie sich selbst fühlen. Auch Ihr Verständnis von Authentizität ist ihm völlig gleichgültig. Für ihn ist Ihr Verhalten zu mehrdeutig, widersprüchlich und verunsichernd. Er fragt sich vermutlich, ob er Ihnen vertrauen kann. Gerade wenn Sie ihm gegenüber in einer Machtposition sind.

Authentisch führen

Warum geht nun der so verbreitete Aufruf zu mehr Authentizität am Wesentlichen der Führung vorbei? Schauen wir auf andere Berufe: Erwarten wir nicht z.B. von Köchen, Busfahrern, Beratern oder Schalterbeamten, dass sie das tun, was in ihrem Job zum Erfolg führt? Unabhängig davon, ob es ihnen gefällt oder wie es ihnen dabei gerade geht. Zurecht wollen wir davon ausgehen können, dass sie ihre Aufgabe erfüllen. Dafür sind sie ja auch angetreten und werden bezahlt. Warum legen wir die Messlatte an die Professionalität von Führungskräften niedriger? Der Wunsch nach einem authentischen Gefühl im Berufsalltag lässt sich mit den Aufgaben eines Profis nicht immer vereinbaren.

Zum Nachdenken:  Würden Sie im Ernstfall gerne etwas über die fachliche Qualität eines Zahnarztes erfahren – oder mit ihm lieber über seine subjektiven Ansichten zum Gesundheitssystem philosophieren? Und wissen Sie irgendetwas über das Selbstverständnis der Ingenieure, die Ihr Auto konstruiert haben?

Die Forschungen zur sogenannten „Authentischen Führung“ liefern nicht zufällig nur magere Ergebnisse. Im Prinzip macht dieser Ansatz keinen echten Sinn. Spannend auch dazu ein aktueller Audio-Beitrag im Deutschlandfunk.

Was Sie tun sollten

Allerdings können wir aus unseren Überlegungen ein paar praktische Tipps für Ihren Führungsalltag ableiten:

  1. Konzentrieren Sie sich vor allem darauf, die Ihnen anvertrauten Menschen als Gemeinschaft zum Erfolg zu bringen. Denn das ist die absolute Kernaufgabe der Führung. Tun Sie das, was dazu nötig ist, – sofern es nicht gegen persönliche oder gesellschaftliche Normen verstößt!
  2. Achten Sie durchgängig darauf, sich in Ihrer Rolle widerspruchsfrei, berechenbar und vertrauenswürdig zu verhalten. Dazu müssen Sie nicht gleich ein Roboter werden.
  3. Während Ihrer eigenen Entwicklung werden Sie sich dabei immer wieder einmal unwohl bzw. weniger authentisch fühlen. Lassen Sie sich davon nicht irritieren.

Zugespitzt könnte man sagen: Kopieren Sie einfach Profis, bis Sie selbst einer geworden sind. Sobald Sie die Erfolgsprinzipien der Führungsaufgabe verinnerlicht haben, fühlt sich Ihr Verhalten wieder authentisch an.

Also: Lassen Sie uns Führung weiter entmystifizieren! Zu viele psychologische Facetten in den Vordergrund zu stellen, kann vom Wesentlichen ablenken.

 

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Wann werden Roboter unsere Chefs?

Bild Führungskraft mit Roboter

Bild Führungskraft mit Roboter

Ist Ihr Gegenüber eine KI oder eine Führungskraft aus Fleisch und Blut?“, so könnte die Frage eines abgewandelten Turing-Tests lauten. Ob wir nach bestandenem Test die Verantwortung für unsere Organisationen und unsere Zukunft an eine Künstliche Intelligenz abgeben würden, erscheint uns fraglich. Fairerweise müssen wir aber sagen: Die Spezialisten der KI-Szene sind hier hochgradig uneins.

Von Führungskräften wird heute erwartet, dass sie ihre Organisation entscheidend verändern, um deren Zukunftsfähigkeit sicherzustellen. Da niemand genau weiß, wie dafür eine Musterlösung aussieht, wird vieles ausprobiert: wir Design Thinken, sind disruptiv, agil, kooperieren mit Start-ups und managen „im Hipster-Modus“.

Einerseits können wir unser Leben effizienter gestalten, wenn wir technische Hilfsmittel nutzen. Andererseits wird befürchtet, dass einige unserer menschlichen Qualitäten leiden, wenn wir unser Leben zunehmend Algorithmen unterwerfen. Aufgehalten haben solche Sorgen den menschlichen Entwicklungsdrang bisher allerdings nie.

Wir leben schon heute mit „Künstlichen Führern“

Werden wir einer Programmierung erlauben, uns zu führen? Ist es gar vorstellbar, dass eine Künstliche Intelligenz unbemerkt die Leitung übernimmt? Aus einer sehr pragmatischen Sicht müssen wir beide Fragen bejahen.

Lassen wir uns nicht schon jetzt von Navigationsgeräten und unsichtbar arbeitenden Algorithmen lenken. Im ersten Fall haben wir das Gerät wenigstens dazu legitimiert, im zweiten Fall – z.B. bei Einkaufsentscheidungen – leben wir verblüffend bereitwillig mit Manipulationen.

Es lässt sich nicht ignorieren, dass wir Menschen bisher immer alle zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten genutzt haben, um unsere Ziele zu verfolgen und anstehende Aufgaben zu erledigen.

Führung mit Künstlicher Intelligenz

Für unsere Akzeptanz reicht es offenbar, wenn eine Technik für uns ein handfestes Problem löst. Macht sie unser Leben dabei auch noch bequemer, gibt es kaum ein Halten.

Die spannende Frage lautet also für uns: Könnten Algorithmen die uralte Hauptaufgabe der Führung erfüllen, „dafür zu sorgen, dass es gemeinsam funktioniert“? Ja, das könnten sie. Zumindest bis zu einem bestimmten Punkt.

Skeptisch dürfen wir bleiben, ob ein solches System uns attraktive Zukunftsangebote machen kann. Auf die Frage „Wo komme ich hin, wenn ich dir folge?“ wird eine KI wohl in absehbarer Zeit keine Antwort mit breiter Sogwirkung liefern.

Unsere Zukunft hängt von wirksamer Führung ab

Nun sind wir Menschen allerdings selbst auch nicht sonderlich gut darin, Zukunft zu gestalten. Wir lieben es bequem und ungestört, machen gern einfach „unser Ding“. Erst bei akutem Leidensdruck stellen wir Gewohnheiten infrage. Klimakatastrophe? Ist doch schön, wenn es etwas wärmer wird. Pandemie? Also hier bei uns ist keiner krank. Weltweite Vermüllung? Hauptsache, mein Stadtteil ist sauber. Kulturwandel? Es war doch nicht alles schlecht.

Die reine Vernunft vermag offenbar keine wesentliche Richtungsänderung einzuleiten. Was wäre, wenn das einer KI gelänge? Würden wir ihr folgen?

Oder provokanter: Könnten wir es uns erlauben, dies nicht zu tun?

  • Alznauer, M, Lesaar, V.: Das evolutionäre Führungsmodell, 2020
  • Ayberk, E.-M., Kratzer, L., Linke, L.-P.: Weil Führung sich ändern muss, 2018
  • Brockmann, John (Hrsg.): Was sollen wir von Künstlicher Intelligenz halten?, 2017
  • Hölzner, H., Nicolai, A.: Managen im Hipster-Modus, in OrganisationsEntwicklung 1/18
  • Ross, Alec: Die Wirtschaftswelt der Zukunft, 2016
  • Zweig, K.: Ein Algorithmus hat kein Taktgefühl, 2019

 

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